Dienstag, 24. September 2013

Ist die Krise in Spanien vorbei?

Als Hausfrau ohne entsprechende Bildung und mit zwei Augen im Kopf habe ich zu diesem Thema zwei Meinungen. Als Erstes schildere ich Euch meine Zweitmeinung, weil die einfacher zusammenzufassen ist: Ja, wir befinden uns auf dem Weg aus der Krise. Gründe: a) Es wird in den Medien verkündet, also im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. b) Unseren Politikern und ihren Beratern von Goldman Sachs etc. wird schon irgendwas einfallen. c) Es wird langsam langweilig, immer und immer wieder nur dasselbe Thema. d) Es hat geheißen, Spanien bräuchte eine Abwertung um 30%, also eine innere Abwertung, da es die Pesete ja nicht mehr gibt, und ich glaube, bei 27% Arbeitslosigkeit, 60% Jugendarbeitslosigkeit, stark gefallenen Löhnen, um mehr als 30% gefallenen Immobilienpreisen etc., etc. ist das Land um 30% verarmt, die Abwertung wäre also vollzogen und beendet und der Würgegriff des internationalen Finanzwesens könnte wieder etwas gelockert werden. 
Meine eigentliche Meinung: Nein, die Krise bzw. der gesellschaftliche Umbau ist noch nicht beendet. Den Grund sehe ich im Ursprung der Krise (Zahlen ganz grob und aus meinem Gedächtnis): 1993-94 war die Arbeitslosigkeit in Spanien schon einmal sehr hoch. Sie lag bei 23-24% (das habe ich jetzt rasch nachgeschaut). Irgendwann unter Aznar wurden die Baugesetze gelockert und zwar in dem Sinne, dass man überall bauen durfte, wo es nicht verboten war. Dazu kam mit dem Euro das billige Geld. Die Spanier waren an Hypothekenzinsen zwischen 15 und 20% gewöhnt, plötzlich gab es Hypotheken mit deutschen Zinssätzen. Der Bauboom konnte beginnen. Die Spanier bauten wie die Bekloppten, das wisst Ihr ja. In den Jahren 2006-2007 sank die Arbeitslosigkeit bis auf 8 oder 9%. Millionen von Einwanderern aus Südamerika, Nordafrika und Osteuropa strömten ins Land, arbeiteten auf dem Bau und mussten wohnen ... die Spanier hatten da ein kleines Perpetuum mobile erfunden. So, und jetzt kommt's: Im Jahr wurden, sagen wir mal, 500.000 Wohnungen gebaut. Für jede Wohnung wurde eine Hypothek von 150.000 Euro aufgenommen. Das bedeutet, dass in jenen Megaboomjahren pro Jahr 75 Milliarden aus der Zukunft geholt wurden. Stimmt das? 500.000 x 150.000? Dieses Geld wurde den Banken geschuldet und sofort in den Wirtschaftskreislauf gepumpt. Damit wurden Architekten bezahlt, die sich ihrerseits Villen bauten, Bauarbeiter, die Autos und Kleider kauften, Boutiquenbesitzer, die in schicke Restaurants gingen, Kellner, die Kinderspielzeug kauften, Spielzeugverkäufer, die Wohnungen kauften, denn die Preise stiegen damals um teilweise 20% pro Jahr und wer eine Wohnung wollte, musste sich sputen, sonst konnte er sie sich nicht mehr leisten. Mit den Steuereinnahmen aus diesem Wirtschaftswunder baute der Staat Autobahnen und Prachtbauten und stellte sämtliche Verwandten von irgendwem ein. Das war der Boom, die aus der Zukunft geholten Milliarden. 
Und damit war praktisch von einem Tag auf den anderen Schluss. Es gab keinen Kredit mehr. Die Bautätigkeit kam zum Erliegen, die Bauarbeiter wurden arbeitslos, kauften keine Autos mehr, die Autohändler mussten schließen, die Gattinnen der Autohändler kauften keine Klamotten mehr, die Boutiquen mussten schließen, die Steuereinnahmen und die Beiträge zur Sozialversicherung gingen zurück, arme Schulkinder erhalten keine Buchbeihilfen mehr, Krankenhäuser werden privatisiert, Renten gekürzt, Steuern erhöht, Strom teurer, Grundsteuer höher, überall muss gesucht werden, wo man bei der Mittelklasse noch etwas abzwacken und bei den Armen noch etwas kürzen kann. Und was mich überrascht, denn ich bin so naiv, dass ich eine solche Frechheit wirklich nicht für möglich gehalten hätte: Die korrupte, herrschende Kaste bleibt verschont, darf gestohlene Gelder behalten und sich weiter auf Staatskosten im Reichtum suhlen. 
Und jetzt ist es ja nicht nur so, dass die Arbeitsplätze fehlen und die Einkommen geringer sind. Die aus der Zukunft geholten Milliarden müssen ja auch noch zurückgezahlt werden. Ganz, ganz schwierig. Wo sollen denn neue Arbeitsplätze herkommen??? Man kann ja nicht noch einmal anfangen zu bauen wie die Bekloppten, wenn Millionen von Wohnungen leerstehen, oder doch? Und das Geld, das von der Europäischen Zentralbank usw. in die Krisenländer gepumpt wird, schafft ja im Gegensatz zu dem Geld aus der Boomzeit überhaupt keine Arbeitsplätze, weil es einfach nur bei den Banken landet, wo es dann ruht.
Also, das ist meine wirkliche Meinung, bei der es mir angst und bange wird. Also, dann doch lieber die Zweitmeinung.
P.S.: Bei meinen Lesern, die etwas von Wirtschaft verstehen, entschuldige ich mich für das Niveau meines Eintrags, aber wie ich schon öfter angedeutet habe, schreibe ich das auch für mich, damit ich später schauen kann, wann was los war und wann man was wirklich dachte. Man neigt nämlich zu dem beliebten "ich habe damals schon gesagt ..." und im Nachhinein lässt sich nicht mehr feststellen, wer wann was gesagt oder gedacht hat.
P.P.S.: Zum Thema noch ein lustiger Wortwechsel (Erklärung voraus: In Spanien nennt man das Licht am Ende des Tunnels gern brotes verdes, was soviel wie grüne Triebe bedeutet. Brotes verdes sind das, was die Regierung im Moment überall sieht). Unter unserer Trompetenblume geht irgendwelches kleines Unkraut auf. Gestern rief mein Sohn: "Schau mal hier, brotes verdes!" Da haben wir lachen müssen.

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