Sonntag, 17. Juni 2012

Immobilien in Spanien: Das Mysterium der Preisfindung

Ich weiß, meine Einträge zum Thema "Immobilien in Spanien" sind bei meinen Lesern unbeliebt, ebenso wie die Einträge zur Krise in Spanien. Ich schreib's halt mehr oder weniger für mich, damit ich später nachschauen kann, wann was los war.
Okay, wie üblich vom Allgemeinen zum Besonderen: Preisrückgang in ganz Spanien seit der Spitze im Mai 2007: knapp über 30 %. Derzeitige Fallgeschwindigkeit 8,4 % pro Jahr. Die Zahlen stammen, wie immer, von www.fotocasa.es.
Neulich war ich in der Stadt und ging spaßeshalber in eines der übrig gebliebenen Maklerbüros. Höflich fragte ich, ob es irgendwelche gute Angebote gäbe. Die Maklerin sah in mir einen üblen Schnäppchenjäger und erklärte, häufig kämen Leute in ihren Laden, die meinten, es gäbe irgendwas geschenkt. Es gibt aber nichts geschenkt. Gute Wohnungen in der Innenstadt haben ihren Preis. Da hat sich noch nichts bewegt, da sinkt nichts und wird auch nichts sinken [sic!!!!!].
"Okay", antwortete ich.
"Die Leute hören da irgendwas im Fernsehen oder im Radio und schon meinen sie, die Preise sinken", schimpfte sie, "die sinken nicht, höchstens in einsamen Gegenden und an der Küste".
"In unserem Ort aber schon", sagte ich.
"Ja, dort vielleicht", antwortete sie, "dort will ja auch keiner hin".
"Okay", sagte ich.
Die Leute wollen in die Stadt und in der Stadt ist es teuer. Gerade erst habe sie an einen Herrn, der eine Wohnung in einem bestimmten Gebäude in einer bestimmten Straße wollte, ebendiese zu einem horrenden Preis verkauft. Wer etwas will, muss dafür bezahlen, informierte sie mich.
Der Durchschnittspreis in der Innenstadt liegt bei 3500 Euro pro Quadratmeter, es gibt gut 400 Wohnungen im Angebot.
Ich zuckte mit den Schultern. Mir ist es recht. Und tschüss.
Wer kauft zurzeit eigentlich? Schnäppchenjäger werden praktisch rausgeworfen, die Tochter von unserem Freund (der, der hofft, dass er Enkel bekommt, wenn seine Tochter in ein großes Haus zieht, dessen Tochter aber eine Wohnung in der Stadt möchte, wie ich Euch in einem anderen Post geschildert habe), die ernsthaft kaufen möchte und über die nötige Kohle verfügt, hat die Suche aufgegeben, da die Preise in der Innenstadt echt und ehrlich NICHT fallen. Es würde mich nicht wundern, wenn das durchschnittliche Lebensalter der Innenstädter deutlich über sechzig liegen würde. Keine junge Familie kann sich die Preise dort leisten. Ich frage mich, ob die Preise irgendwann mal einfach zusammenbrechen oder ob sie runtertröpfeln werden.
Spanien befindet sich im freien Fall. Die Löhne fallen auf eine Art und Weise, die man vor zwei Jahren noch für unmöglich gehalten hätte. Gestern erst hat mir eine Frau erzählt, dass in der Firma, in der ihre Tochter arbeitet, alle Mitarbeiter entlassen wurden (alter Nettolohn: 1200 Euro) und zum Teil für 800 Euro wieder eingestellt wurden. Ihre Tochter hat sich für's erste in die Arbeitslosigkeit begeben, da stellt sie sich finanziell günstiger. Mitarbeiter mit Familie und/oder Hypothekenjoch haben das Angebot angenommen. Nein, das ist kein Schauermärchen und auch kein seltener Fall, das ist das tägliche Brot hier. Und, Leute, warum soll ich denn jemandem 1200 Euro zahlen, wenn sich auch bei 800 Euro die Leute um den Job kloppen? Tja.
So, und nun zu unseren Versuchstierchen: Die Reihenhäuschen, die ich am 24.10.2011 beschrieben habe, deren Preis von 345.000 Euro auf 245.000 Euro gesenkt wurde, sind nicht auf den Radarschirm zurückgekehrt, verkauft wurde auch keins. Nehmen wir also an, dass sie sich im Eigentum einer Bank befinden und diese sich noch nicht dazu aufgerafft hat, die Häuschen auf den Markt zu bringen.
Die drei Häuser in unserer Straße: Das von der feinen Dame - sie kam persönlich bei mir vorbei, um mich in Kenntnis zu setzen, dass sie den Preis ihres Anwesens von 420.000 Euro auf 360.000 Euro heruntergesetzt hat. Das ist lieb, nicht wahr? 360.000 Euro deshalb, weil das letzte Haus, das in unserer Straße verkauft wurde, zu ungefähr diesem Preis den Besitzer wechselte. Ich dachte mir, sagte aber nichts, weil ich diese gute Verkäuferin, die sich in einer schwierigen Situation befindet, ziemlich bewundere: Wenn das Haus vor über einem Jahr zu diesem Preis verkauft worden ist und die Preise seit dem um mindestens 8,4 % gefallen sind, müsste der neue Preis eigentlich 330.000 Euro betragen. Ich sagte aber nichts. Es entspann sich folgendes Gespräch: 
Sie: "Weißt du, das mit den Preisen, dahinter steckt die unsichtbare Hand."
"Welche unsichtbare Hand?" fragte ich.
Sie: "Weißt du das nicht? Die unsichtbare Hand? Adam Smith?"
Sie setzte dann zu einem wissenschaftlichen Diskurs an, von dem ich nichts mitbekam, weil ich vor Entsetzen die Ohren zu machte. 
Mein Sohn klärte mich später darüber auf, dass Adam Smith der von "Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht" ist. Ich habe keine Ahnung von Wirtschaftswissenschaften und aufgrund meiner Unaufmerksamkeit habe ich auch nicht mitbekommen, warum Adam Smith dafür verantwortlich ist, dass sie den Preis für ihr Haus nicht weiter senkt.
Dann sind mittlerweile noch zwei weitere Häuser in unserer Straße im Angebot, eins zu 360.000 und eins zu 450.000 Euro, beide identisch, beide schlechter als das der feinen Dame. Wisst Ihr, was ich mir mittlerweile gedacht habe? Ich meine, es ist doch echt hirnrissig, für einen identischen Gegenstand 90.000 Euro mehr zu verlangen als der Wettbewerber ... vielleicht sind die Verkäufer Freunde und das eine Haus steht gar nicht zum Verkauf, es soll nur das andere billiger aussehen lassen. Das ist die einzige Erklärung, die mir einfällt. Nun ja, die Preise stehen alle unter meiner Beobachtung. Einfach so, spaßeshalber. Wenn ich noch einmal jung wäre und Wirtschaftswissenschaften oder Psychologie studiert hätte, würde ich zu diesem Thema forschen. Naja, macht bestimmt irgendwo irgendwer, wir werden es nur nicht zu lesen bekommen. Man könnte ja mal suchen, im Internet ...

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